Der Schild
Es heisst "der Schild, die Schilde". Alles andere ist in der Heraldik falsch. Das Schild mit der Mehrzahlform Schilder befindet sich über oder neben dem Klingelknopf an der Haustür und vorne und hinten am Auto. Die hintern Schweizer Autoschilder aber zeigen das Landes- und ein Kantonswappen in Schilden.
Die Angelsachsen und die Normannen verwendeten eine gegenüber dem antiken Rundschild neue Form, den sogenannten Normannenschild, der oben abgerundet und nach unten beinahe spitz zulaufend ist. Wir kennen ihn z.B. aus dem berühmten Teppich von Bayeux, der die Eroberung Englands von 1066 durch Herzog Wilhelm von der Normandie schildert und noch im 11. Jahrhundert angefertigt wurde.
Der Schild ist der Hauptbestandteil des Wappens. Er zeugt auch ganz allein von Anfang an vollwertig für seinen Träger. Es gibt sechs Schildformen, die von den Kreuzzügen an in Europa üblich und in der Heraldik verwendet wurden: Der Dreieckschild von halber Mannshöhe wurde nach und nach vom 12. bis zum 14. Jahrhundert je länger desto mehr verkleinert. Mit der Zeit machte die verbesserte Panzerung der Ritter den Schild überflüssig, so dass er um 1375 als Schutz des Reiters verschwand. In der Heraldik machte er im 15. Jahrhundert dem Halbrundschild Platz. Beim Stechschild, auch Tartsche genannt, war auf seiner rechten Seite eine rundliche Öffnung ausgeschnitten, damit dort in den Turnierspielen die Lanze eingelegt werden konnte. Man nannte diese Öffnung "Speerruhe". Die Tartsche tritt seit dem Ende des 14. Jahrhunderts neben dem Halbrundschild auf. In der Heraldik wird die beinahe vollrunde Öffnung oft zu einem halbrunden bis nur noch schwach gerundeten Ausschnitt. Wappenbilder sollten in Richtung des Ausschnitts sehen.
Dekorative Formen der Heraldik mit den charakteristischen Stilmerkmalen ihrer Zeitepochen zeigen die Schilde der Renaissance, des Barocks und des Klassizismus. Sie waren nie Kampfschilde. Der Barockschild wird auch Kartusche genannt. Der klassizistische Schild ist noch heute in Frankreich die beliebteste Schildform der Heraldik. Bei der Barock- und der Rokokokartusche geht die Schildform verloren. Sie sind oft der Schmuck von Palästen, reichen Bürgerhäusern und Kirchen.
Der Rautenschild tritt seit ca. 1500 auf. Er wurde häufig zur Darstellung von Frauenwappen verwendet. Gewisse Heraldiker wollen ihn den ledigen Frauen vorbehalten.
Die sogenannte "Rossstirn" ist eine Schildform, die in Italien sehr beliebt ist. Sie wird für Geschlechterwappen, Kommunalheraldik wie auch Wappen geistlicher Würdenträger verwendet.
Eine weitere ungewöhnliche Schildform besitzt der Paradeschild, dessen Seiten von der Mitte aus stark nach hinten gebogen sind. Paradeschilde verwendete man an grossen, festlichen Turnieren und bei fürstlichen Paraden und Umzügen. Solche Schilde sind meist sehr kostbar und aufwendig verziert.